Patientensicherheit als Rechtsnorm
Video: AMOVISTA Projekt; Illustrationen: Getty Images; Musik: DELTUR RECORDS
Warum jetzt ein gesetzlicher Anspruch entstehen muss
Die Patientensicherheit gehört zu den zentralen Versorgungszielen eines modernen Gesundheitssystems – und doch fehlt ihr bislang in Deutschland der verbindliche rechtliche Rahmen. Während ethische Leitbilder und freiwillige Qualitätsinitiativen wertvoll sind, bleibt ihre Wirksamkeit begrenzt, solange Patientensicherheit nicht als Rechtsnorm im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verankert ist. Ein solcher Schritt würde Versorgungsketten stabilisieren, Investitionen fördern, das Vertrauen der Bevölkerung stärken – und dem Gesetzgeber selbst klare Steuerungsvorteile verschaffen.
Für Patienten:
Sicherheit wird einklagbar
Der entscheidende Vorteil liegt auf Seiten der Patientinnen und Patienten: Erst die gesetzliche Normierung macht Sicherheit in der Versorgung zu einem einklagbaren Anspruch – so wie heute bereits Wirtschaftlichkeit oder Bedarfsdeckung (§ 70 SGB V). Damit wird Patientensicherheit kein freiwilliges Ziel mehr, sondern ein strukturverbindliches Muss. Es entstehen verlässliche Standards für Medikation, Kommunikation, Hygiene, digitale Dokumentation und Notfallvorsorge – mit direkter Wirkung auf die Behandlungsqualität und die Vermeidung vermeidbarer Schäden.
Für Leistungserbringer:
Rechtssicherheit und wirtschaftlicher Anreiz
Für Krankenhäuser, Praxen, Pflegeeinrichtungen und andere Leistungserbringer schafft ein gesetzlich gefasster Anspruch auf Patientensicherheit nicht nur Klarheit über Mindestanforderungen, sondern auch handfeste ökonomische Vorteile:
• Investitionssicherheit: Maßnahmen zur Patientensicherheit werden steuerlich absetzbar oder abschreibbar, wenn sie gesetzlichen Vorgaben dienen.
• Förderfähigkeit: Öffentliche Förderprogramme und Kredite – etwa von KfW oder EU – knüpfen häufig an rechtlich verankerte Standards an.
• Wirtschaftlicher Return: Investitionen in Fehlervermeidung, Schulung oder Sicherheitsarchitektur senken mittel- und langfristig Haftungsrisiken, Prozesskosten und Reputationsschäden.
• Planungsstabilität: Gesetzlich geregelte Anforderungen wirken dem Flickenteppich freiwilliger Standards entgegen und ermöglichen sektorübergreifende Prozessoptimierung.
Für die Politik:
Steuerungsfähigkeit und Legitimitätsgewinn
Auch für den Gesetzgeber entsteht ein messbarer Mehrwert:
Die normative Verankerung von Patientensicherheit erlaubt es der Bundesregierung, Versorgungsqualität gezielter zu steuern, Risiken frühzeitig zu adressieren und einen zentralen Legitimationsanker in einer zunehmend ökonomisierten Gesundheitslandschaft zu etablieren. Sicherheit wird zur Leitplanke gesetzlicher Versorgungspflichten, nicht zur nachgeordneten Option.
Gleichzeitig gewinnt der Staat durch eine solche Reform an Glaubwürdigkeit: Er stellt sich erkennbar auf die Seite der Patient:innen und greift ein, wo Marktversagen, Personalmangel oder Digitalisierungslücken zu potenziell vermeidbaren Schäden führen könnten.
Patientensicherheit gehört ins Gesetz – für Vertrauen, Qualität und Investitionskraft